„Man kann aufdie Kacke hauen“
Schauspielerin Sophie Pompe berichtet im Presseclub Wiesbaden über ihre Arbeit beim Jungen Staatsschauspiel
Von Viola Bolduan
WIESBADEN - Sie ist eine Vogelscheuche, eine Wanze, eine Klofrau – Sophie Pompe singt und spielt zum Jahresabschluss im Presseclub (PCW). Corinna Freudig vom PCW-Vorstand hat die Schauspielerin eingeladen – zu kurzen Darbietungen ihrer Rollen und zum Gespräch über ihre Laufbahn und die aktuelle Arbeit im Jungen Schauspiel am Wiesbadener Staatstheater (JUST).
Mehr als ein Fulltime-Job
Die 36-Jährige übt dort mehr als einen Fulltime-Job aus: Sophie Pompe ist Darstellerin, Sängerin, Regisseurin („Hexe Hillary geht in die Oper“), Autorin („Katers Kuchen“) und Programmmacherin als stellvertretende Leiterin des Kinder- und Jugendtheaters. Von der Pike auf hat die in Thüringen Geborene Theater geschmeckt und gelernt: Mit 14 schon in einer Theaterwerkstatt mitgearbeitet, mit 17 gewünscht, „es richtig zu machen“, also erst einmal Theaterwissenschaft und Pädagogik studiert, über die Theorie dann aber gemerkt, „eigentlich will ich es selbst machen“, also aufgrund eines Stipendiums zur Akademie in Regensburg mit nach Abschluss schneller Übernahme ans Landestheater Eisenach, von wo aus sie 2014/15 nach Wiesbaden wechselte.
Die Abschlussarbeit, ihre Abort-Reinigungskraft Mariedl aus Werner Schwabs „Die Präsidentinnen“, hat sie noch so lebhaft im Kopf wie ihre aktuelle Stimme als Vogelscheuche im diesjährigen Stück zur Weihnachtszeit, „Der Zauberer von Oz“ (bis 14. Januar aus dem Spielplan).
Was man allgemein für Schauspielerei brauche? „Ausdruckswille, Einfühlungsvermögen, Handwerk.“ Und was im Besonderen für ein Kinder- und Jugendtheaterspiel? „Man kann auf die Kacke hauen“ (stammt nicht aus Mariedls Abort-Monolog), will heißen: größer und lauter machen, was für eine Schauspielerin, die „aus der Clownerie-Richtung“ kommt, ein Fest bedeutet. Und wenn Kinder auch darstellerische Qualitäten noch nicht so gut beurteilen können, reagieren sie ehrlich bis zum ungern gehörten Einwurf: „Bitte, nicht schon wieder singen.“
Das große Publikum im Presseclub aber hörte Sophie Pompe gern singen und die flirrend unterschiedlichen Insektenstimmchen zwischen Mistkäfer und Stubenfliege, Mottenflügeltanz und Ameisensoldat als Hörspiel sprechen. Im Solo-Stück „Die Wanze“ ist sie auch auf dem engen Raum neben dem Podiumstisch als Theater-Allrounderin ganz in ihrem Element. Zum weihnachtlichen Abschluss-Song wird sie übrigens den gesamten Presseclub zu ungewohntem Mitsummen und -swingen bringen.
Eigenproduktion zum Jubiläum
Wenn PCW-Vorsitzender und Chefredakteur dieser Zeitung, Stefan Schröder, zu Beginn der Veranstaltung aufforderte, sich angesichts erschreckender Terror-Lage „nicht in Emotionen zu verlieren“, sondern auf „Signale der Hoffnung“ zu setzen und ein kompetentes PCW-Programm im kommenden Jahr versprach, machte auch Sophie Pompe auf die JUST-Beiträge für die Maifestspiele 2017 aufmerksam. Das 20. Jubiläum wird mit der Eigenproduktion „Rico, Oskar und das Herzgebreche“ sowie sieben Gästen aus Europa gefeiert. Der PCW feierte Dienstagabend zunächst einmal die Vorstellung Sophie Pompes in ihren Rollen als Klofrau, Wanze und Vogelscheuche und wird künftig – egal welchen Alters – auch Vorstellungen des JUST besuchen wollen.
Wiesbadener Kurier, 22.12.2016