Schwarzer Handschuh, rotes Herz und Silber
Neues Format im Presseclub Wiesbaden
Von Viola Bolduan
WIESBADEN . Gleich sechs Personen umfasst das neue Veranstaltungsformat des Wiesbadener Presseclubs (PCW) Dienstagabend im Parterre des Literaturhauses Villa Clementine. Es sind allesamt Mitglieder, die unter der Gesprächsleitung von Schatzmeisterin Monika Schwarz anderen Mitgliedern von ihrer Arbeit erzählen. Hauptsächlich sind sie beschäftigt im (sozio-) kulturellen Bereich. Da macht nur Nicole Fetting als Geschäftsführerin des Spielbetriebs VC Wiesbaden eine Ausnahme. Dafür aber kann sie die Trophäe der Silbermedaille, errungen vor wenigen Tagen im nationalen Pokalwettbewerb, herumzeigen („ich hoffe, sie kommt zurück“). Die anderen Mitwirkenden haben Buch, Veranstaltungs- und Projektprogramme dabei, ausgelegt auf Stehtischen im Büroraum für anschließende Gespräche.
Andreas Lukas macht mit seinem Debütroman (erschienen 2017) „Nie mit, aber auch nicht ohne“ am Pult den Auftakt und liest drei Passagen, in denen Grenzen zwischen Fakt und Fiktion in einem anspruchsvoll bis überladenen Stil zu verschwimmen scheinen.
Bewegte Geschichte einer vernachlässigten Institution
Da hebt das Schwarze Theater der Velvets Schwerkraft auf leichterem Fuße auf. Barbara Naughton, Leiterin seit 2015, erzählt anschaulich die Geschichte ihrer Eltern. Dana Bufková und Bedrich Hánys machten sich von Prag aus auf in die Welt bis nach Wiesbaden, wo sie 1970 mit ihrem Schwarzen Theater sesshaft wurden. Seit 1995 hat es an der Schwarzenbergstraße sein Domizil, wo sie „ganz glücklich“ seien, Wiesbadener aber häufiger hinkommen könnten, um das „einzigartige Schwarze Theater mit abendfüllenden Stücken“ zu erleben. Im Presseclub streift sie sich das Urelement des schwarzen Handschuhs über und lässt die Kapuze mit Sehschlitz im Auditorium herumgehen („aah“ und „ooh“). Jutta Fleck und Beate Gallus sind als Mutter und Tochter ein gleichfalls verschworenes Paar mit gemeinsamem Anliegen. „Die Frau vom Checkpoint Charlie“ hatte nach gescheitertem Fluchtversuch aus der DDR, Gefängnisaufenthalt und Freikauf sechs Jahre lang um ihre beiden in der DDR zurückgebliebenen Töchter gekämpft. Heute leitet sie die politisch-historische Aufarbeitung der SED-Diktatur in der Hessischen Landeszentrale für politische Bildung und wird bei ihrer Aufklärungsarbeit von Tochter Beate unterstützt. Als Kind hatte sie der Mutter ins Gefängnis ein gemaltes „Mutmacher-Herz“ geschickt, heute Motto der eigenen Kampagne „HerzFace“. Sie will die Freiheit des Individuums stärken.
Davon ist Nicole Fetting so „super begeistert“, dass zwischen Herz und Volley sofort Kontakte ausgetauscht werden. Der Ball aus dem Format-Debüt des PCW ist vom Podium ins Publikum gespielt und wird von beiden Seiten der „Mitglieder für Mitglieder“ wohl gern wieder aufgenommen.
Wiesbadener Kurier, 08.03.2018