Rede-Duell der Oberbürgermeister Kandidaten
Wie viele exotische Sittiche schwirren durch Wiesbaden, was kostet ein Ananas-Törtchen und auf welchem Tabellenplatz steht der SV Wehen Wiesbaden? Auch diesen Fragen mussten sich Oberbürgermeister Gert-Uwe Mende und sein Herausforderer Thilo von Debschitz beim Wiesbadener Presseclub stellen – neben all den (kommunal-) politischen Themen, die in der Landeshauptstadt diskutiert werden. Am 30. März stehen sich der SPD-Amtsinhaber und der von CDU und FDP nominierte Kandidat in einer Stichwahl gegenüber. Der Vorsitzende des Wiesbadener Presseclub, Stefan Schröder, fühlte beiden im Palais der Wiesbadener Casinogesellschaft vor rund 150 Gästen intensiv und unterhaltsam auf den Zahn: „Was will Wiesbaden – einst Kur- und Gesundheitsstadt – eigentlich sein?“
Wiesbaden solle wieder ein starker Medizinstandort werden, beteuerte Mende und lobte den Branchenmix aus Dienstleistung und Verwaltung, aber auch den „weiterhin sehr wichtigen Industrie-Sektor“. Man könne stolz sein auf die Stadt, nicht nur wegen des Historismus.
Wiesbaden habe viel mehr Potential als es aktuell zeige. „Das gilt es zu heben, sonst bleiben wir ein Under-Performer“, entgegnete von Debschitz. Vor allem bei den fehlenden Ansiedlungen von Gewerbe und bei dem Flächennutzungsplan sieht er dringenden Handlungsbedarf: „Als OB muss man noch näher an den Unternehmen dran sein.“
Dissens trat auch beim Thema Wohnraum zu Tage: Während von Debschitz schnellere Verfahren sowie eine Änderung der Stellplatzsatzung forderte und auf den Streit der Rathaus-Kooperation (SPD, Grüne, Linke, Volt) beim Ostfeld hinwies, beteuerte Mende, dass in den Jahren 2021 bis 2023 je 1400 neue Wohnungen entstanden seien - statt der geplanten je 1200 – und die Entwicklung des Ostfelds voranschreite.
Zwingend müsse die Innenstadt attraktiver werden, forderten Stimmen aus dem Publikum: „Wie wollen Sie dem Leerstand begegnen?“ Mehr Sauberkeit, mehr Sicherheit und mehr Kompetenzen für den Citymanager – so lautete das Credo von Herausforderer von Debschitz. OB Mende sieht die Stadt dagegen bereits heute auf einem guten Weg, auch wegen der lebendigen Start-Up-Szene und den verschiedenen Hochschulen.
Während beim Thema Migration und Integration Einigkeit bestand, dass die Wiesbadener Linie (u.a. dezentrale Unterbringungen von Flüchtlingen) weiterverfolgt und die soziale Spaltung der Stadt reduziert werden muss, gab es bei der Selbstbeschreibung der beiden Kandidaten deutliche Unterschiede: „Ich bin Gestalter, er Verwalter“, sagte von Debschitz. Mende betonte: „Ich diene in der öffentlichen Verwaltung seit 34 Jahren den Menschen und weiß wie man Mehrheiten organisiert.“ Dass das nicht immer gelingt, musste er mit Blick auf die gescheiterte City-Bahn und das Abwandern des Ball des Sports einräumen.
Aus dem Publikum wurde von Debschitz gefragt, ob es mit ihm einen neuen Anlauf in Sachen Straßenbahn geben könne. Er habe die IHK-Position pro City-Bahn geteilt und sehe heute – mit Blick nach Sevilla oder Metz – noch bessere Möglichkeiten einer Umsetzung, „vielleicht durch die Mainzer Straße statt über die Biebricher Allee“. Ein funktionierender ÖPNV sei essentiell, um „in der Stau-Hauptstadt Wiesbaden“ etwas zu bewegen. Zumal die digitale Verkehrssteuerung („33 Millionen Euro für Digi-V“) noch immer nicht funktioniere.
Und welcher der beiden Kandidaten kennt seine Stadt nun besser? Bei den Fragen nach Sittichen (rund 6000), Törtchen (5,30 Euro) und SVWW (9.Platz) waren Mende und von Debschitz gleichermaßen sattelfest.
Fotos und Text: PCW