Lokale Größe in globaler Bildung
PRESSECLUB Philipp Salamon-Menger, Direktor der Volkshochschule, zu Gast
WIESBADEN . Seit Oktober 2016 ist er im Amt; das neue Semester an der von ihm geleiteten Wiesbadener Volkshochschule hat am 31. Januar 2017 begonnen. Philipp Salamon-Menger tritt aber vor dem neuen Programmheft (244 Seiten!) für die Angebote als Person bescheiden zurück: „Das war alles schon vorbereitet, bevor ich kam“. Er ist Dienstagabend Gast im Presseclub (PCW), wird von Vorstandsmitglied Corinna Freudig vorgestellt und durch die Veranstaltung begleitet. Salamon-Menger ist bescheiden in seinem Entree als Nachfolger, Unvorbereiteter (wegen zu viel Arbeit) und lediglich Screenshot-Anbieter auf der Bildschirmwand (aufgrund fehlender WLAN-Verbindung) – ansonsten aber tritt er selbstbewusst, informiert und kenntnisreich als hervorragender Werber der eigenen Sache für eine „Chance auf Bildung für alle“ auf.
Der 38-jährige promovierte Historiker referiert über die Ziele des weltweiten Aktionsprogramms „Education for all“ (Bildung für alle), beschlossen 2000, und bis heute nur sehr begrenzt umgesetzt. Vor allem geht es um universelle Grundschulbildung, Alphabetisierung und Gleichstellung von Mädchen und Jungen. „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ heißt es heute, denn auch ein in Mitteleuropa relativ hoher Bildungsstand hinterlässt nicht unbedingt „nachhaltige Fußspuren“, erklärt der Volkshochschuldirektor. „Volkshochschuldirektor?“ Vielleicht eine zu altbackene Bezeichnung für den Leiter dieser Institution, so die Moderatorin, und schlägt den Begriff „Centermanager“ stattdessen vor. Ja, das ist derjenige auch, der die Abkürzung VHS freilich als „etablierte Marke“ und „Qualitätssiegel“ hochhält.
VHS finanziert sich zu 76 Prozent selbst
Eloquent stellt Salamon-Menger mit der Vielfalt der Programme der VHS den Zuwachs an Kurs-Teilnehmenden und den Mangel an öffentlichen Zuwendungen vor. „Einmalig“ und „sehr erfolgreich“ arbeite die VHS beispielsweise in der beruflichen Weiterbildung und Arbeitsmarkt-Vermittlung. Sehr viel mehr Lehrkräfte und Sozialpsychologen seien für die rasant angestiegenen Leistungen für Integration nötig: „Wir müssen betteln gehen“, wenn nur Geld pro Teilnehmer und Stunde aus Projektmitteln zur Verfügung steht. „Dolmetscher sind da nicht leistbar.“
Von einer Drittelfinanzierung weit entfernt, unterstützt das Land Hessen die VHS zu 20 Prozent, die Stadt lediglich mit 4 Prozent, infolgedessen die VHS sich zu 76 Prozent selbst finanziert. Salamon-Menger kommentiert die Signale aus der Stadt als „geringschätzend“ und sieht das Land „sich aus der Verantwortung stehlen“. Denn schließlich brauchte gerade die Wiesbadener VHS keinen Vergleich zu scheuen: „Wir sind besser als die Konkurrenz.“
Wenn die VHS Analphabetismus unter Erwachsenen im Grundbildungszentrum senken will, ist es auch lokal ein wichtiger Schritt aufs globale Ziel hin zur Chance auf „Bildung für nachhaltige Entwicklung“. Auf der Grundlage von Lesen und Schreiben erst können Wissen und Werte für ein Weltbürgertum vermittelt werden. Auf diese Weise ist Salamon-Menger die Einbindung der Arbeit der Wiesbadener Volkshochschule ins eingangs dargestellte UN-Programm elegant gelungen. Ein aufgeschlossenes Publikum (Salamon-Menger: „Mein Vorgänger ist im Raum.“) hörte ihm zu und wollte gern noch diskutieren. Der Vorgänger, Hartmut Boger, ist optimistisch, dass VHS-Anliegen auf offene Ohren stoßen, wer immer auch heute für das neu gebildete Dezernat Kämmerei plus Schule und Kultur gewählt würde. Und Philipp Salamon-Menger dankt für die PCW-Krawatte – so passend für den heutigen Weiberfastnachtstag.
Wiesbadener Kurier, 23.02.2017