Deutschland nach der Bundestagswahl - Ein Abend mit dem Politikwissenschaftler Prof. Falter
Alles gesagt? Nach gefühlt hundert Wahlsendungen und ebenso vielen Erklärern auf allen Kanälen hätte es da noch eines Abends im Presseclub bedurft? Eines Abends, an dem die Mitglieder mit einem Gast über eine Einordnung der Ergebnisse, die Perspektiven und die großen Trends diskutieren könnten? Es gab keinen, der am Ende der Veranstaltung mit Professor Jürgen Falter diese Frage verneint hätte. Der Doyen der deutschen Politikwissenschaft sezierte im Gespräch mit Moderatorin Barbara-Maria Birke das Wahlergebnis, schonte weder den Wahlgewinner Merz noch die Verlierer von der FDP. Merz habe mit seiner im Nachhinein als missglückt zu betrachtenden Operation zum Thema Zustromgesetz im Bundestag der Linken die zusätzlichen Prozente beschert. Christian Lindner hätte viel früher die Reißleine ziehen müssen, um aus einer Regierung auszuscheren, die von der Konstellation alles andere als für die FDP passend gewesen sei.
Und was wird aus der blau gefärbten Karte der neuen Bundesländer, die dokumentiert, dass dort die AfD mittlerweile die relative, manchmal sogar die absolute Mehrheit besitzt? AfD-Wähler sähen sich nicht als rechtsextrem, deren Anliegen stammten aus der Mitte der Gesellschaft, interpretierte der Emeritus die Eigenwahrnehmung eines Großteils der AfD-Sympathisanten. Die Brandmauer wird seiner Ansicht nach auch keine zehn Jahre mehr halten. Dazu gebe es genügend Beispiele für bröckelnde Brandmauern vom Verhalten gegenüber den Grünen bis zur Linken. Auf die Frage von Moderatorin Birke, ob denn eine schwarz-rote Koalition überhaupt in dieser Lage die richtige sei, kam die Antwort verblüffend schnell: „Mir fällt derzeit keine bessere Lösung ein.“
Fotos und Text: Stefan Schröder