Der Mönch und die entlaufene Nonne
LESUNG Petra Gerster und Christian Nürnberger lesen im Presseclub Wiesbaden aus ihrem Luther-Buch
WIESBADEN. Der Andrang im Presseclub Wiesbaden war groß. So groß, dass die 70 interessierten Besucher um ein Haar nicht genug Stühle abbekommen hätten. ZDF-Moderatorin Petra Gerster und ihr Mann Christian Nürnberger präsentierten ihr neues Buch in den Räumen der Villa Clementine: „Der rebellische Mönch, die entlaufene Nonne und der größte Bestseller aller Zeiten“. In der Not wurde ein altes Stehpult aus der Abstellkammer geholt und schnell noch abgestaubt. Dann begrüßte Armin Conrad, Vorsitzender des Fördervereins Literatur der Villa Clementine, die beiden Autoren und die „geistig jung gebliebene Elite Wiesbadens“.
Beziehung zu Katharina von Bora war prägend
Am Welttag des Buches präsentierte das Ehepaar seinen Beitrag zum Thema Martin Luther im Reformationsjubiläumsjahr. „Es ist Ihnen wirklich gelungen, die Denkleistung Martin Luthers zu entblättern“, lobte Armin Conrad. Nürnberger und Gerster schildern in ihrem Werk alle Lebensphasen des Reformators, seine Fragen und sein Wirken und vor allem seine Beziehung zu Katharina von Bora.
„Ich habe Katharina von Bora reingeboxt“, erzählt Petra Gerster schmunzelnd und ihr Mann muss zugeben, dass das eine gute Idee war. Denn die entlaufene Nonne habe einen wesentlichen Einfluss auf Luther gehabt, der lange negiert worden sei. „Bei uns ist das nach 35 Jahren Ehe auch so. Sie erteilt mir das Wort und entzieht es mir auch wieder“, scherzte Nürnberger zur Erheiterung der Zuhörer. Der Autor studierte vier Semester Theologie, bevor er in den Journalismus wechselte. So wie Luther dem Volk aufs Maul geschaut habe, wollte er auch schreiben. Die Zuhörer bestätigen, dass ihm dies gelungen ist.
Nürnberger schildert die Entwicklung Luthers vom Jungphilosophen in der berühmten Gewitternacht über die Entdeckung eines neuen Gottesbildes bis hin zum entscheidenden Bruch mit Papst und Kaiser, die daraus folgenden blutigen Kämpfe und schließlich seine Hochzeit mit der entlaufenen Nonne Katharina von Bora, der er bei der Flucht aus dem Kloster bei Grimma geholfen hatte.
Er schildert Luther als nativen, treuen Diener seiner Kirche, der es als seine christliche Pflicht empfand, den Ablasshandel zu kritisieren. Ohne Reue und Buße, könne Schuld nicht erlassen werden, sei seine Auffassung gewesen. Dabei kam er jedoch den mächtigen Kirchenoberhäuptern in die Quere, denen er ihr einträgliches Geschäft kaputtzumachen drohte.
Zum Schluss schilderte Petra Gerster Luthers Beziehung zu „Herrn Käthe“, wie er seine selbstbewusste Frau in Briefen liebevoll nannte. Die tüchtige Geschäftsfrau verwaltete neben der Erziehung ihrer sechs Kindern ein Gut mit zehn Angestellten, großem Garten und bis zu 60 Gästen pro Tag, braute Bier und stellte Honig her. Luther verdankte ihr viel und schätzte ihren starken Charakter, was aus Briefen hervorgehe.
Wiesbadener Kurier, 24.04.2017